ill Casson
war kein bisschen beunruhigt durch Rosas Hinweise darauf, dass er
wahrscheinlich durch einen von Maggys allerletzten Freunden ersetzt werde. Er
lachte. Er hielt das für einen Witz. Was ihn störte, war der Gedanke, dass
einer der Freunde versuchen könnte, Eves Gartenhäuschen neu zu verkabeln. Rosas
Brief schien anzudeuten, dass die beiden Probleme, die Neuverkabelung des
Häuschens und die allerletzten Freunde, irgendwie zusammenhingen.
Nur für den Fall, dass es so sein könnte, rief Bill an, um es zu verbieten.
Rosa war wie gewöhnlich am Telefon.
»Liebling Rosa«, sagte ihr Vater, dem beim Klang von Rosas ungefälliger Stimme das Herz bis zu den Künstlerstiefeln sank, »ich rufe wegen deines Briefes an...«
»Das habe ich gewusst!«, unterbrach ihn Rosa selbstzufrieden.
»Das war doch ein Witz mit Maggys allerletzten Freunden?«
»Nein.«
»Dann rede ich mal besser mit Mummy!«
Rosa schien das Interesse zu verlieren und fing an zu summen, als würde sie sich langweilen und gleich weggehen.
»Hör auf zu summen, Rosa! Geh und sag Mummy, dass ich mit ihr über die Verkabelung des Häuschens reden muss...«
»Was?«, rief Rosa. »Nicht über die allerletzten Freunde, die an deiner Stelle herkommen?«
»Nur das Verkabeln, Liebling. Lauf schon.«
»Zu spät!«, sagte Rosa höchst verstimmt. »Derek-vom-Camp, den Mummy Liebling Derek LIEBLING DEREK nennt, war gestern da und hat es gemacht! Er hat eine Rinne durch den Garten gegraben und das Kabel hineingelegt. Er hat es durch eine Schlauchleitung gezogen.« Bill stöhnte.
»Es hat den ganzen Tag gedauert und hinterher hat Mum ihm zur Feier ein ganz besonderes Abendessen gekocht. Und dann ist er gegangen und hat ihr rosa Lilien gekauft, weil er sich daran erinnert hat, dass es ihre Lieblingsblumen sind. Er mag sie sehr. So.«
Rosa wartete hoffnungsvoll darauf, dass ihr Vater sagte, niemand solle Eve so sehr mögen, dass er ihr rosa Lilien schenke, aber das schien ihm gar nichts auszumachen, also fuhr sie fort.
»Und dann hat LIEBLING DEREK richtige Steckdosen an der Wand im Häuschen angebracht, und deshalb freut sich Mummy sehr.«
»Sie wird sich nicht freuen, wenn die Leitung überlastet ist und das Haus in Rauch aufgeht! Ich wollte, dieser... dieser... Derek, nicht wahr?«
»Liebling Derek.«
»Egal wie. Ich wollte, er hätte mich zuerst um Rat gefragt. Ich wäre viel glücklicher, wenn er die Sachen in Ruhe gelassen hätte.«
»Ich auch«, stimmte Rosa zu. »Ich wette, wir kriegen Mum kaum mehr zu sehen. Sie ist immer wieder herausgekommen, um Kaffee zu kochen und sich aufzuwärmen, aber jetzt, wo sie einen Wasserkocher und einen richtigen elektrischen Heizofen hat, ist das nicht mehr nötig. Gestern Abend hat sie angerufen, um zu sagen, dass es Zeit zum Schlafengehen ist.«
»Aus dem Häuschen?«
»Ja.«
»Großer Himmel! Kannst du diesen Derek holen, Rosa? Ich glaube, ich sollte ein paar Takte mit ihm reden.«
»Er ist zurück ins Camp. Er bewacht einen Steinkreis.«
»Dann Mummy.«
»Sie ist bei ihm. Sie will das malen.«
»Du hättest mir sagen sollen, dass Eve nicht zu Hause ist, Rosa!«, rief Bill. »Wer kümmert sich um dich?«
»Maggy.«
»Dann geh und hole sie, Liebling«, sagte Bill ein wenig ungeduldig. »Sag, Daddy will etwas Wichtiges über den Sicherungskasten wissen.«
»Was kann an einem Sicherungskasten wichtig sein?«
»Rosa!«, brüllte Bill.
»Oh, schon gut«, sagte Rosa und legte den Hörer weg. Ihr Vater bekam mit, wie sie rief: »Maggy, Maggy«, und dann die Treppe hinaufpolterte.
Gleich darauf war sie wieder zurück. »Maggy schläft noch. Sie ist heute Nacht erst sehr, sehr spät nach Hause gekommen. Sie war mit Michael aus.«
»Bitte«, flehte Bill. »Bitte, Rosa, lass mich mit jemandem reden! Safran oder Indigo?«
»Sie sind bei Sarah.«
»Rosa«, sagte ihr Vater eindringlich. »Weißt du zufällig, ob dieser Nebenanschluss im Häuschen richtig mit dem Sicherungskasten verbunden ist?«
»Aber natürlich ist er das«, sagte Rosa sofort. »Beschriftet und alles! Paradies!«
»Wie bitte?«
»Derek hat ein rosa Schild gemacht und PARADIES darauf geschrieben«, erklärte Rosa. »Lass uns nicht mehr über langweilige Schreibereien reden. Weißt du, was Maggy erzählt hat?«
»Sag es mir!«
»Sie hat erzählt, dass sie dich besucht hat und dass du so nett warst!«
»Natürlich war ich nett!«
»Oh.«
»Wie geht’s in der Schule, Rosa?«
»Wie immer.«
»Was hast du gelernt?«
»Nichts.«
»Was hast du dann getan?«
»Mein riesengroßes Bild gemalt.«
Bill fragte nicht, wie Rosa sich sehnlichst wünschte: »Welches riesengroße Bild?«
»Du wirst es sehen, wenn du nach Hause kommst«, sagte sie.
»Schön!«
»Du bist nicht drauf!«
»Nun ja. Wie fändest du es, wenn ich ein Bild von dir malen würde, Rosa?«
»Wir haben über mein Bild geredet, das ich male!«, rief Rosa.
»Natürlich haben wir das«, sagte ihr Vater. »Und es klingt fabel...«
»Das kannst du nicht sagen, wenn du es noch nicht mal gesehen hast!«
»Nein, nein, kann ich nicht! Du hast absolut Recht! Aber ich muss jetzt gehen, Heckenröschen! Knall diesmal nicht den Hörer auf! Liebe Grüße an alle...«
Diesmal war er ausnahmsweise besser als Rosa, legte vor ihr auf und verschwand wieder in der Stille seiner unbekannten Londoner Welt.
Rosa stand mitten in der Küche und schrie: »Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!«, bis Maggy schlaftrunken die Treppe herunterwankte und fragte: »Wen?«
»Daddy!«
»Nein, das tust du nicht. Hast du schon gefrühstückt?«
»Ich will kein Frühstück!«, knurrte Rosa.
»Lass mich nur noch duschen, dann komme ich runter und mache Pfannkuchen.«
»Richtige Pfannkuchen?«
»Natürlich, Rosa Liebling«, sagte Maggy. »Ich bin nicht nur eine wunderschöne Zoologin! Oh, und ich habe dir Silber für dein Bild mitgebracht. Es ist eigentlich ein Stück Graphit, aber du bekommst davon eine wunderbare silbrige Farbe. Es liegt irgendwo auf dem Kaminsims. Such es.«
Maggy ging hinauf und Rosa fühlte sich ein wenig besser. Sie suchte auf dem Kaminsims, bis sie den Graphit fand, ein Stück metallisches Silber, kühl und glatt wie Wasser, das Richtige für ihr Bild.
Zu Beginn der Woche hatte Eve den Kühlschrank weggerückt, damit Rosa mehr Platz hatte, und seither war ihr Bild immerzu gewachsen. Jetzt sauste die Rakete von Toms Vater über den Himmel auf einen Sternenhaufen zu. Hinter den sturmgepeitschten Wellen, die auf Rosas Gemälde an die Mauern des Hauses schlugen, war eine kleine Insel aufgetaucht, Amerika, aus der Ferne gesehen, mit deutlich erkennbaren Bären.
Die Skizze von Tom war immer noch nicht fertig.
»Ich bekomme seine Hände nicht richtig hin«, erklärte Rosa, während sie Maggy bei der Zubereitung des Pfannkuchenteigs zuschaute. »Ich wollte, er würde herkommen, damit ich ihn richtig zeichnen kann, wie Derek-vom-Camp es getan hat.«
»Indigo soll ihn darum bitten«, schlug Maggy vor, und als Indigo nach ein paar Minuten hereinkam, versprach er, es zu versuchen. Er und Safran waren sehr munter und höchst erfreut, Maggy und Rosa beim Pfannkuchenbacken anzutreffen.
»Genau was ich essen möchte«, sagte Safran, während sie Teller zusammensuchte. »Und gute Neuigkeiten, Rosa! Sarahs Mutter hat uns alle zum Mittagessen am Sonntag eingeladen. Gebratenes Hähnchen und Zitronentorte.«
»Gebratenes Hähnchen und Zitronentorte!«, wiederholte Rosa und hörte auf, die Pfannkuchen zu zuckern und zu stapeln, um in ihr Bild einen zarten Umriss von Sarahs Mutter zu skizzieren, die in einem kleinen Boot auf das sturmumtoste Haus zusegelte.
»Sie liefert das Sonntagessen ab«, erklärte Rosa.
Am Montagmorgen ging Indigo auf die Suche nach Tom, sobald er in der Schule war. Gleich darauf fand er ihn in einem der Klassenzimmer im Obergeschoss bei seiner liebsten Beschäftigung, der Unterhaltung eines Publikums.
Tom demonstrierte seine Ballkünste mit Hilfe blauer Kreide und eines Pöbelmitglieds, das sich freiwillig gemeldet hatte. Ein Halbkreis war von Stühlen und Tischen frei geräumt, der Helfer stand an der Wand. Als Indigo hereinkam, war Tom schon halb fertig damit, den Umriss des Jungen auf der weiß getünchten Wand mit einer Reihe sehenswerter Ballwürfe zu zeichnen.
»Nicht bewegen!«, befahl Tom.
Peng!
Der Ball hatte den Jungen mit den ausgestreckten Armen und Beinen knapp verfehlt und knallte mit einer Explosion von blauem Staub an die Wand. Tom fing ihn beim Zurückprallen und rieb ihn wieder mit Kreide ein.
»Nicht bewegen!«
Peng!
Jeder Wurf hinterließ einen Kreis aus blauem Staub an der Wand. Je einer war an der Spitze von Händen und Füßen, je einer auf jeder Seite an Hüften und Schultern.
Peng!
Peng!
Das waren Würfe neben die Ohren, mit zwei schnellen Bewegungen ausgeführt.
»Nicht bewegen«, befahl Tom und beendete die Vorführung mit einem letzten perfekten Wurf, der gerade über den Kopf des Jungen streifte.
Tom fing den Ball schwungvoll und erntete spontanen Beifall.
»Cool!«, sagte David, der Freiwillige, und das begeisternd zustimmende Gemurmel verwandelte sich in Stöhnen, als der erfolgstrunkene Tom bemerkte: »Meine Mutter kann das auf dem Pferderücken!«
Da wären wir wieder, dachte Indigo und wünschte, Tom würde lernen aufzuhören, wenn er gewonnen hatte.
»Hat sie auf Bären geübt?«, fragte jemand spöttisch Dafür wurde ihm der Ball mitten auf den Magen geknallt. Das hielt einen anderen nicht von der Frage ab: »Schafft sie es mit verbundenen Augen, Tom?«
»Mit verbundenen Augen auf dem Pferderücken?«, rief ein anderer.
»Das wäre zu einfach«, sagte der rothaarige Bandenführer gedehnt. »Sie reitet doch Rodeo, nicht wahr, Levin?«
»Halt den Mund!«, fuhr Tom ihn an.
»Komm jetzt, Tom!« Indigo versuchte Tom abzulenken, bevor alles noch schlimmer wurde. »Wirf mir den Ball zu!« Aber Tom ließ sich nicht mehr ablenken. Es läutete, die Klasse strömte hinaus und durch den Gang des Obergeschosses, wobei immer weiter gestichelt wurde.
»Wirf Indigo den Ball zu, Tom, bevor seine große Schwester kommt und auf dich losgeht!«
»Wie viele Pferde hast du denn, Tom? Nur das eine?«
Der Pöbel rannte jetzt voraus und amüsierte sich, die Jungen galoppierten und wieherten wie Pferde, während sie auf die erste der beiden Treppen zuliefen, die zur Eingangshalle der Schule hinunterführte.
»Bist du der größte Lügner in Amerika, Tom?«, fragte der rothaarige Bandenführer freundlich. »Oder sind sie dort drüben alle so?«
Er war dumm genug, diese Frage oben auf der Treppe zu stellen und sich dabei umzudrehen, um in Toms wütendes Gesicht zu lächeln.
Tom tat das Nächstliegende. Er gab dem rothaarigen Bandenführer einen kräftigen und befriedigenden Stoß in die Brust. Dann, sofort wieder fröhlich, ging er weiter zur zweiten Treppe, ohne sich nach dem Ergebnis seiner Handlung umzuschauen.
Der rothaarige Bandenführer verlor das Gleichgewicht, rollte und fiel die ganze Treppe hinunter und warf dabei viele vom grölenden Pöbel vor sich um. Er wurde angehalten, als er auf den Direktor prallte, der aus seinem Büro geeilt war, um den Anlass des Lärms herauszufinden.
Der Direktor stolperte und fiel, stieß dabei mit dem Nasenrücken heftig an den Tisch in der Halle und verlor die Selbstbeherrschung.
»Was um alles in der Welt spielt ihr IDIOTISCHEN KINDER da?«, brüllte er, vor Schmerz gekrümmt und die Hände über die Nase gelegt. »So auf der Treppe herumzualbern!« Der rothaarige Bandenführer hatte sich sehr schmerzhaft die Schulter geprellt, aber seinen außergewöhnlichen Instinkt, aus jeder Situation den größtmöglichen Ärger zu machen, hatte er nicht verloren. Zudem hatte er die Sympathie bemerkt, die zwischen Indigo und Tom zu wachsen schien, und sie gefiel ihm nicht. Deshalb antwortete er mit einem drohenden Blick auf den Pöbel: »Ich habe nicht herumgealbert, Sir. Indigo Casson hat mich gestoßen.«
»Das stimmt nicht!«, schrie Indigo überrascht. »Es war...« Indigo schwieg plötzlich und schaute sich um. Tom war nirgendwo in Sicht. »Ich habe nicht gesehen, wer es war«, sagte er lahm.
Das machte nichts, weil mindestens die Hälfte des Pöbels anscheinend wunderbarerweise Zeuge des Vorfalls gewesen war: Indigo Casson hatte ihren Anführer die Treppe hinuntergestoßen. In der Vergangenheit hätte das der ganze Pöbel gesehen, aber die Zeiten änderten sich. Ein paar Jungen, David (noch bläulich vom Kreidestaub), Marcus und Josh und einer oder zwei andere folgten ihrem Führer nicht mehr ganz so blind wie zuvor. Sie traten unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, als sie befragt wurden, und sagten, sie hätten überhaupt nichts bemerkt. Mitten in dieser ganzen Aufregung kam Tom herangeschlendert, er hatte die Hände in den Taschen und die Augenbrauen hochgezogen.
»Tom«, sagte der Direktor, dessen Nase bereits schwoll und dessen Augen noch tränten. »Weißt du zufällig, wer diesen Jungen die Treppe hinuntergestoßen hat?«
Tom, der nichts von der fabelhaften Beschuldigung des rothaarigen Bandenführers wusste, holte seinen Ball aus der Tasche und ließ ihn mit ausgeklügelter Unbekümmertheit direkt unter der schmerzenden Nase des Direktors aufprallen. Dann fragte er frech: »Was macht das schon? Irgendjemand hat es getan!«
Indigo starrte Tom verblüfft an. Keinen Augenblick hatte er damit gerechnet, dass Tom nicht sofort sagen würde: »Das war ich!«
Tom merkte, wie Indigo ihn anstarrte, und fragte: »Indigniert, Indigo?«
Der rothaarige Bandenführer lachte.
»Tom Levin, steck diesen Ball weg!«, brüllte der Direktor, der bis zu diesem Moment sprachlos vor Zorn gewesen war. »Indigo Casson, warte vor meinem Büro! Ihr anderen geht in eure Klassen! Jetzt, nicht wenn euch danach ist!«
*
Liebling Daddy, schrieb Rosa an diesem Abend schlecht gelaunt,
das ist Rosa.
Saffy sagt alle sagen Indigo ist schuld daran, dass ihr Direktor zwei Veilchen und eine geschwollene Nase hat.
Alles Liebe von Rosa
PS: Sarah die da ist lässt dir auch alles Liebe von der Rollstuhlfrau ausrichten.
Rosas Vater rief nur an, um Rosa zu sagen, sie solle Sarah nicht Rollstuhlfrau nennen.
»So nennt sie sich selbst«, wehrte sich Rosa. »Sie hat sich das ausgedacht! Machst du dir keine Sorgen wegen dem, was ich dir über Indigo und den Direktor geschrieben habe?«
»Was?«, fragte Bill. »Oh, das! Zwei Veilchen und eine geschwollene Nase! Das kann ich nicht glauben, Rosa Liebling! Das klingt mir überhaupt nicht nach Indigo!«
»Was machst du an diesem Wochenende?«
»Wahrscheinlich fahre ich nach Paris. Armer alter Dad! Es wird schrecklich teuer sein. Und du?«
»Nicht nach Paris«, sagte Rosa.
*
Es war eine sehr schlimme Woche. Indigo verbrachte sie mit Warten darauf, dass Tom sein unvernünftiges Verhalten erklärte. Tom verbrachte sie mit Schmollen. Kaum hatte er seine reitende Mutter erwähnt, hatte er es auch schon bedauert. Er hatte das Gefühl, sich zum Narren gemacht zu haben, und ihm fehlte Indigo, der ihn allein ließ.
Erst am Freitag sagte ihm David genau, was der rothaarige Bandenführer gesagt hatte, als er am Fuß der Treppe aufgestanden war.
Tom glaubte eigentlich nicht an heldenhafte Selbstaufopferung, trotzdem ging er zum Direktor (dessen Veilchenaugen jetzt in allen Farben prangten) und sagte: »Wenn dieser rothaarige Schwachkopf Ihnen gesagt hat, Indigo Casson hätte ihn am Montag die Treppe hinuntergestoßen, dann hat er gelogen. Das war ich.«
Der Direktor glaubte ebenfalls nicht an Heldenhaftes, aber es gefiel ihm, dass Tom sich stellte, und deshalb sagte er (für seine Verhältnisse) liebenswürdig: »So, so. Die Zeit heilt fast alles. Hier ist eine Beiratssitzung. Raus mit dir und das nächste Mal klopfst du an!«
Tom ging hinaus, suchte Indigo und warf ihm seinen Ball an den Hinterkopf.
»Oh, du bist es!«, sagte Indigo.
»Warum hast du dem Direktor nicht gesagt, dass ich es war, der diesen Trottel die Treppe hinuntergestoßen hat?«, fragte Tom empört und Indigo antwortete ebenso empört: »Wofür hältst du mich?«
Tom warf seinen Ball eine Zeit lang auf den Boden, ohne zu antworten, dann ließ er sein jähes Lächeln aufblitzen. »Hast du gesehen, wie ich am Montag David mit der blauen Kreide eingekreist habe?«, fragte er.
»Ja. Ich habe es Rosa erzählt.«
»Wie geht’s der alten Rosa?«, fragte Tom höflich.
»Sie sagt, ich soll dafür sorgen, dass du uns besuchst. Warum kommst du nicht morgen?«
Tom zog die Augenbrauen sehr hoch.
»Oder hast du was anderes vor? Gehst du zum Musikgeschäft?«
»Was soll das?«, fragte Tom resigniert. »Sie wissen, dass ich kein Geld habe. Ich wollte zur Bücherei.«
»Oh.«
»Ich wollte herausfinden, wie man dort aufs Dach kommt.«
»Was?«
»Man kommt immer auf so ein Dach«, sagte Tom. »Schon für Reparaturen muss es einen Zugang geben.«
»Aber was ist das Besondere am Büchereidach?«
»Ich bin gern hoch oben«, sagte Tom und Indigo erinnerte sich an die Feuerleiter und das mehrgeschossige Parkhaus und die Musik, die vom Himmel zu kommen schien, als er und Rosa Tom zu Hause besucht hatten.
»Geh mit mir«, sagte Tom, »dann gehe ich hinterher mit zu dir.«
»Du willst, dass ich mit dir gehe?«
»Warum nicht?«
»Bringst du deine Gitarre mit, wenn du zu uns kommst? Und zeigst Rosa die Sache mit dem Ball voll Kreide? Das wird ihr gefallen.«
Tom kniff die Augen ein wenig zusammen. Er sagte: »Nur wenn du zuerst mit mir aufs Dach der Bücherei gehst.«
»Ich wette, das ist nicht möglich.«
»Nun, vielleicht nicht«, sagte Tom. »Aber ich werde es herausfinden. Fang! Wie konntest du bloß den nicht kriegen? Versuch’s noch mal! Also morgen um zehn. Okay?«
»Okay«, sagte Indigo.